Potsdam, den 18.01.2025
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schubert,
auch nach Ihren Äußerungen im rbb Fernsehen zum Ersatz des Heizkraftwerks Süd, sehen wir noch keine Fortschritte bei der stabilen Finanzierung dieser Großinvestition. Gegenüber dem rbb sicherten Sie zu: „Ich arbeite intensiv an dem, dass ich dieses strategische Thema, dass wir unsere Wärmeversorgung sichern, zu Ende bringe, und das ist für mich Ende des Monats, Ende Januar.“ (Brandenburg Aktuell, 12.01.25)
Nach unseren Informationen reichen Ihre bisherigen Bemühungen noch nicht aus, um der SWP zur Schwarzen Null zu verhelfen. Zusätzliche Zuschüsse für die SWP sind hier gefragt, auch um die weiteren Sparten der Stadtwerke zu stabilisieren. Daher wenden wir uns erneut mit einem Offenen Brief an Sie.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die Sicherstellung der Energieversorgung eine „öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung“ und als Bestandteil der staatlichen Daseinsvorsorge „zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich“ (BVerfG, Beschl. v. 20.03.1984 – 1 BvL 28/82, Rn.37).
Die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) hat eine Satzung erlassen, die Haushalte in festgelegten Fernwärmevorranggebieten zwingt, sich für ihre Wärmeversorgung an die Fernwärme anzuschließen (Satzung über die öffentliche Fernwärmeversorgung der Landeshauptstadt Potsdam vom 21.12.1998). Dies betrifft rund 60% der Potsdamer Haushalte.
Mit diesem Eingriff in die Grundrechte der Bürger übernimmt die LHP eine rechtliche Gewährleistungsverantwortung. Das bedeutet, dass die LHP auch im Falle eines Ausfalls des Betreibers, z.B. als Folge einer Insolvenz, die Wärmeversorgung aufrechterhalten muss.
Dass das HKW Süd in wenigen Jahren das Ende seiner technischen Lebenszeit erreicht und abgelöst werden muss, ist seit langem bekannt. Die EWP hat einen Plan entwickelt, wie dies im Einklang mit
den geltenden Gesetzen, den Klimaschutzzielen der LHP und sozialverträglich gelingen kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Stadtverordnetenversammlung (SVV) Sie, Herrn Schubert, als Oberbürgermeister bereits am 24.01.2024 beauftragt, „die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) darin zu unterstützen, die Strom- und Wärmeerzeugung auf dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam bis 2035 sozialverträglich fossilfrei zu gestalten. Investitionen in den Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien als Herzstück einer bezahlbaren, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung in Potsdam sind zügig und konsequent umzusetzen.“
Am 4.12.2024 hat die SVV dies konkretisiert und Sie als Oberbürgermeister beauftragt, „die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) so zu unterstützen, dass sie die geplanten Projekte zum Ersatz
des Heizkraftwerks Süds umsetzen kann (siehe u.a. Präsentation im Hauptausschuss am 2.10.2024). Dazu sind für die Ablösung des Heizkraftwerkes Süd (Stufe 1 bis 2030) zunächst die von der EWP
entwickelten Projekte 1-4 (Heinrich-Mann-Allee 1 und 2, Heizkraftwerk Süd 1, Lerchensteig 1) spätestens bis zum Ende des ersten Quartals 2025 hinsichtlich des Eigenkapitals finanziell abzusichern.“
Nun ist es Ihre Amtspflicht als Oberbürgermeister, diese Beschlüsse zu vollziehen. Wir gehen davon aus, dass Sie intensiv an den geforderten Lösungen arbeiten. Was das konkret heißt, konnten wir im Rahmen des „Tisch Wärmewende“ erfahren. Erstens geht es um die Sicherung des notwendigen Eigenkapitals für die EWP. Zweitens braucht es eine kreditwürdige SWP. Sie muss in den für die Banken relevanten Kennzahlen gut dastehen. Je überzeugender diese Werte sind, desto besser wird die Verhandlungsposition der EWP über die Konditionen für das Fremdkapital sein.
Voraussetzung hierfür sind auch überzeugende Wirtschaftspläne, die bis Ende Januar 2025 von den Aufsichtsräten der ViP und der SWP verabschiedet und von Ihnen als Vertreter in der Gesellschafterversammlung genehmigt werden. Damit das gelingt, sollte die LHP ein deutliches Zeichen setzen, dass sie ihre städtischen Unternehmen nicht im Stich lässt.
In diesem Sinne freuen wir uns darauf, am kommenden Dienstag (21.01.2025) beim „Tisch Wärmewende“ von Ihnen zu erfahren, wie Sie die SWP unterstützen. Die Geschäftsführer:innen der SWP und ihrer Tochterunternehmen könnten dann bestätigen, dass sie nun gute Voraussetzungen haben, um in die Finanzierungsverhandlungen mit den Banken zu gehen.
Die breite Mehrheit der Stadtverordneten, die hinter den beiden benannten Beschlüssen steht, wird Ihre Amtsführung auch daran messen, ob Sie Ihre Amtspflicht im Sinne der Sicherung der Daseinsvorsorge für die Potsdamer Bürger:innen erfüllen. Bei Amtspflichtverletzung stünden der SVV verschiedene Rechtsmittel bis zur Amtshaftungsklage zur Verfügung.
Die Potsdamer:innen werden es Ihnen danken, wenn Potsdam die Gunst der Stunde genutzt hat, um sich unabhängiger von Energieimporten zu machen und seine Wärmeversorgung lokal, erneuerbar und sozialverträglich zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Potsdam Zero
Tschüss Erdgas!
Bravo Wärmewende