Sehr geehrter Herr Exner,

beim letzten Wärmetisch am 17. März waren die Aussagen von Stadt, SWP und EWP durchweg positiv. Das benötigte Eigenkapital wurde durch die SWP aufgenommen, für Mitte Mai sollte eine Aufsichtsratssitzung geplant werden, um die Aufnahme des Fremdkapitals zu diskutieren und für Mai/Juni wurde der Abschluss des Finanzierungsvertrags in Aussicht gestellt.

Es gab keine Ankündigungen Ihrerseits, dass sie erneut einen Stadtverordnetenbeschluss anstreben werden, der den ohnehin bereits sehr knappen Zeitplan um mindestens einen weiteren Monat verzögert und damit den Erfolg des Projektes stark gefährdet.

Seit 18 Monaten haben Sie einen klaren Fraktionen-übergreifenden politischen Auftrag, die notwendigen Investitionen für die Wärmewende sicherzustellen. Dieser politische Auftrag wurde aufgrund des Nicht-Handelns der Stadtspitze nochmals in zwei weiteren SVV-Beschlüssen im Dezember 2024 und April 2025 untermauert. Der Aufsichtsrat der EWP ist durch diese Beschlüsse nicht nur befugt, sondern explizit beauftragt, entsprechend weitreichende Entscheidungen zu treffen.

In der Aufsichtsratssitzung vom 2. Juni haben Sie gegen das Votum einer großen Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder den Beschluss zur Finanzierung verhindert.

Durch diese Entscheidung sind die Ablösung des HKW Süd und die dafür eingeworbenen Fördermittel wieder akut in Gefahr. Der erneute Zeitverlust bedeutet für den eng getakteten Umsetzungsplan der EWP ein sehr konkretes Risiko. Wie Sie wissen, sind die Bedingungen des Fördermittelgebers unerbittlich. Zitat:

„Die Zuschläge erlöschen 54 Monate (4,5 Jahre) nach ihrer Bekanntgabe, soweit nicht das innovative KWK-System an dem Standort, der dem Zuschlag zugeordnet worden ist, bis zu diesem Zeitpunkt den Dauerbetrieb aufgenommen (vgl. § 18 Abs. 1 KWKAusV)“

Irgendwann muss die EWP die Reißleine ziehen, Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe zurückgeben und Teilprojekte absagen, ansonsten wird das Risiko, das Projekt nicht rechtzeitig abzuschließen, zu groß.

Die PNN zitiert am 5.6. die EWP-Geschäftsführung:

„Damit ein Verlust von Fördermitteln noch vermieden wird, haben die Gesellschafter am 3. Juni einen weiteren Beschluss gefasst. Dieser ermöglicht es der EWP-Geschäftsführung, die dringend erforderlichen und zeitlich kritischen Beauftragungen auszuführen.“

Wir haben noch einmal rückgefragt. Demnach bezogen sich diese Aussagen leider nur auf Aufträge in Höhe von 8 Mio. Euro, die planmäßig im Mai bezuschlagt werden sollten, und jetzt durch den Gesellschafterbeschluss auch ausgelöst werden können.

Mitte Juni steht jedoch planmäßig die Bezuschlagung weiterer Aufträge an. Damit die EWP diese fristgerecht auslösen kann, wird ein erneuter Gesellschafterbeschluss benötigt. Erfolgt dies nicht, entsteht ein weiterer unkalkulierbarer Zeitverlust und die Risiken steigen massiv.

Wir haben Oberbürgermeister Schubert gebeten, vor dem Abwahltermin am 26.05. noch einen „Tisch-Wärmewende“ einzuplanen.

Der erfragte Termin wurde uns verwehrt. Nun wurde auch der avisierte Termin vom 10.6. auf den 17.6. verschoben. Dieser Zeitpunkt ist jedoch zu spät, um darüber zu informieren, was Sie tun, um die Wärmewende abzusichern. Daher darf es Sie nicht überraschen, dass wir erneut den Weg über die Presse wählen, um darauf aufmerksam zu machen.

Wir fordern Sie auf, der Öffentlichkeit einen Zeitplan vorzulegen, der bis Mitte Juni einen Beschluss der Gesellschafterversammlung ermöglicht und die EWP befähigt, die notwendigen Arbeiten fortzuführen und damit den äußerst knappen Zeitplan einzuhalten, um das Gesamtprojekt abzusichern.

Am 15. Mai hat ein Informations- und Abstimmungstermin stattgefunden, an dem Mitglieder beider Aufsichtsräte (EWP und SWP), Vertreter:innen der Stadtverwaltung und externe Sachverständige teilgenommen haben. In diesem Rahmen hat die EWP detailliert begründete Risiken in Höhe von mehr als 500 Mio. präsentiert, sollte die Finanzierung nicht bis Juni frei gegeben werden.

Als Aufsichtsratsvorsitzender der EWP sind Sie dem Wohlergehen des Unternehmens verpflichtet. Dieser Verpflichtung werden Sie aktuell ganz offensichtlich nicht gerecht. Ob dies rechtskonform ist, müssten Gerichte beurteilen. Die gleichzeitige Ausübung der Funktionen des Oberbürgermeisters, des Kämmerers, des Aufsichtsratsvorsitzenden der EWP und des Aufsichtsratsvorsitzenden der SWP entspricht jedenfalls nicht den Transparenzregelungen der LHP und füührt ganz offensichtlich zu Interessenskonflikten.

Gelingt die Sicherung des Gesamtprojekts nicht, wären Sie nicht nur verantwortlich für das Scheitern der Wärmewende in Potsdam und damit verbunden künftig erwartbar deutlich höheren Energiepreisen für die Potsdamer Bürger:innen, sondern auch für Gewinnrisiken bei der EWP in Höhe von 500 Mio. und eine unverantwortliche Verschwendung öffentlicher Gelder in Millionenhöhe.

Mit freundlichen Grüßen
Potsdam Zero Tschüs Erdgas!
Bravo Wärmewende
Energie Forum Potsdam e.V.